6. Januar 2012

Woher hast du das bloß?

Von meinen Eltern offenbar nicht.

Aber mal ganz im Ernst. Jeder kreative Mensch, der das hier liest, wird das doch auch kennen. Früher oder später guckt sich jemand das an, was man da so, in meinem Fall vor sich hingeschrieben, hat, und nach einem Moment kommt dann diese Frage:
"Woher hast du diese Fantasie/Woher nimmst du diese Ideen/Woher HAST du das bloß?"
Bitte sagt mir, dass ich nicht die Einzige bin, die das so aufregt.

Dieser Post wird laaaaang! Wer keinen Bock darauf hat, so viel zu lesen, der muss das nicht.

Mal ehrlich: Kann mir irgendwer, der zufällig Neurologe ist, erklären, woher Kreativität kommt? Kann mir irgendwer erklären, warum ich Ideen habe, die so sind wie sie sind? Oder ist dafür der Herr Freud zuständig, der mir dann erklären will, dass ich Wolf nur umgebracht habe, weil ich mit fünf noch keine Cola durfte?
(Nichts gegen Freud. Aber ich finde Psychoanalyse sehr, sehr seltsam)
Fakt ist doch: Nach meinem Wissensstand weiß man gar nicht so genau, was hinter dieser Kreativität und hinter diesen Ideen steckt. Und warum es so lange braucht, bis man aus einer Idee einen kompletten Plot gemacht hat.
Ich meine, jeder Mensch kann sich Dinge ausdenken - ich gehe jetzt mal einfach davon aus. Man kann sich von jetzt auf gleich einen Drachen ausdenken und sich vielleicht noch vorstellen, wie er durch die Gegend fliegt. Ganz viele Leute wollen ja auch Bücher schreiben, sie haben Ideen, aber die gehen irgendwann aus.
Und dann? Ja denk dir was aus!
(Ich schweife übrigens gerade ab. Aber das wollte ich schon immer mal sagen, also macht das nichts)
Mir was ausdenken?
Ja! Du schreibst doch Bücher, da kannst du das doch!
Ähm...
Klar kann ich mir jetzt in meiner Science-Fiction Welt einen Drachen hinsetzen, der alles und jeden töten will, bevor die Helden von irgendwoher ein Schwert nehmen, das es gar nicht gibt, und ihn dann ganz mutig töten, obwohl sie vorher vor fast allem schreiend weggelaufen sind. Problem gelöst, Geschichte beendet, glücklich. Ich hab mir was ausgedacht.
Ja aber nicht sowas!

Die Schwierigkeit beim Plotten liegt eben darin, sich Dinge auszudenken, die mit den bereits vorhandenen Ideen ein Ganzes ergeben. Und wenn man sich das so überlegt, dann sind das ganz schön viele Ideen. Da ist der Plot selbst, seine verschiedenen Handlungsorte, Gebäude, Wälder, Gegenden, das ist alles so komplex, dass es mir hinterher ziemlich lebendig vorkommt. Genau wie die Charakter. Gute Charakter sind ja am Ende die, bei denen man denkt, dass man sie ohne Probleme auf der Straße treffen könnte. Die nachvollziehbar sind, die man hasst, liebt, mit denen man feiert und im besten Fall um sie weint.
Und da braucht es nun einmal mehr als jemanden, der durch die Geschichte geschleift wird und genau das macht, was er gerade machen soll.
Apropos Charakter: Man hat mich noch nie gefragt, warum meine Charakter so sind wie sie sind, aber die Frage schwingt ja ganz oft mit. Warum habe ich einen rassistischen Elfen in meinen Geschichten, ein psychisch völlig gestörtes Mädchen, einen als Versuchskaninchen missbrauchten jungen Mann, der fast keine Gefühle mehr haben darf, einen traumatisierten Werwolf mit fürchterlichem Charakter, und unglaublich viele innerlich zerrissene Gestalten? Was treibt mich dazu an, solche Leute in meine Geschichten zu setzen?
Na ja. Zum einen ist ein makelloser Charakter mit einer Bilderbuchvergangenheit erstmal nicht interessant. Und wenn ihm in der Geschichte etwas widerfährt, dann hat er eben doch schon ein Trauma, oder irgendetwas anderes, was ihn ändert. Plötzlich nicht mehr makellos.
Aber - in so einer Form? Lerudan hat ja mal zu mir gesagt, dass er nie so einen Charakter wie Tear (Psychisch gestört) in seinen Büchern haben will. Ich weiß nicht, warum nicht, aber ich brauch jetzt mal einen Anlass, um weiterzuschreiben.
Ich glaube, solche Leute sind es, die Anlass zu der Frage geben.
Aber was treibt mich nun dazu? Will ich so sein wie meine Charaktere? Spielt da Wunschdenken vielleicht eine Rolle?
Ein bisschen. Gebe ich zu. Aber genau so sein wie sie will ich garantiert nicht.
Vielmehr ist es ja so, dass in jedem Charakter ein ganz kleines bisschen von mir steckt. Wolf und Luka zum Beispiel sind beide hochbegabt wie ich. Wolfs Charakter hab ich in der Hinsicht ein wenig sehr überzogen, aber er denkt anders, er drückt sich anders aus. Er ist ein Sonderling in einer Welt, in der es besser ist, das Mauerblümchen zu sein. Und Luka? Ich denke, wenn ich es nicht dazuschreiben würde, würde das keiner merken außer mir. Er ist mehr der Typ, der zweifelt. Der, der zu viel nachdenkt und das tue ich auch. Die meisten Leute schlafen durchschnittlich nach spätestens einer Stunde ein. Das könnt ihr bei mir vergessen, es sei denn ich bin wirklich extrem müde. Wir beide haben das Problem, dass wir ganz oft vor der Frage stehen: Mach ich das gerade richtig? Oder Wie mach ich das überhaupt am besten?
Das soll nur ein Beispiel sein, ich kann hier jetzt nicht alle auseinandernehmen.
Fest steht aber, dass so etwas einen Charakter lebendiger macht, ihm gewissermaßen eine Seele gibt - und nicht zuletzt eben auch die Tiefe, die ein Leser gerne hätte.

Solche Dinge kann man sich irgendwann einfach nicht mehr wirklich "ausdenken". Das macht man irgendwann nicht mehr selbstständig und dann, wann man Lust hat. Das kann man bei einer groben Idee machen, sich Inspiration suchen und daraus dann etwas machen, was einem gefällt und thematisch passt. Das fällt für mich unter Ausdenken.
Das andere unter Warten, dass das Ganze endlich mal Gestalt annimmt. Wenn es um den letzten Rest der Handlung geht, dann wissen die Leute, die mich kennen, dass ich mich damit unglaublich schwertue. Denn da kann ich mir nichts mehr ausdenken, da ist das Puzzle bis auf ein, zwei Teile fertig - und die sind blöderweise grade weg.

Die Lieblingsbeschäftigung eines Autors ist Warten.

Und nun mal wirklich zurück zu der eigentlichen Frage.
Woher nimmst du nur diese Ideen?
Na ja, aus dem vorherigen kann man jetzt folgendes schließen: Aus den Inspirationen, die mir so zufliegen. Bei mir wären das zum Beispiel Final Fantasy, die Hexer-Saga (Sehr zu empfehlen, übrigens!), Deathstars, Powerwolf, Das berüchtigte Buch, das meinen NaNo umgeschmissen hat, zwei Worte - Angelus Mortis, das Silmarillion von Tolkien, Klischees, die Frage, warum die Charakter in Büchern eigentlich fast nie kurz oder weitsichtig sind, Animes, Songtitel und -texte von allen möglichen Bands... Soll ich weitermachen? Lieber nicht.
Das ist jetzt einfach wild zusammengewürfelt - und letztendlich sind daraus Albtraum, Das Lied, die Mondaugen, die Werwölfe und die Engel geworden. Aus dem kruden Mist da. Kann man sich irgendwie nicht so genau vorstellen.
Weil da eben noch eine ganze Menge an Ideen fehlt, die dadurch nicht abgedeckt wurden. Durch das Silmarillion beispielsweise hatte ich nur den Anfang von Albtraum, durch die Klischees mein völlig anderes Bild von den Elfen. Das erklärt aber noch lange nicht mein Weltenkonzept.
Ganz ehrlich: Wenn es einen Weg gab, wie das zustandekam, dann habe ich ihn vergessen. Ich weiß nur noch, dass ich mich irgendwann um halb eins nachts hingesetzt und eine Kladde für Ideen genommen habe, um das einfach mal aufzuschreiben.
Nach zwei vollgeschriebenen Seiten hab ich dann gemerkt, dass da irgendwie mehr hintersteckt. also habe ich wirklich einen 160 Seiten Collegeblock genommen (Den ich bis heute habe) und die erste Seite komplett vollgeschrieben. Und dann einfach weitergemacht, bis der Gedanke zu Ende war.
Woher ich die Idee genommen habe? Keine Ahnung. Ich muss wohl kurzzeitig woanders gewesen sein.

Aber ich habe tatsächlich etwas vergessen. Das übliche Was-wäre-wenn? Ja, was wäre denn, wenn man während des Schlafens in einer anderen Welt ist, praktisch gar nicht träumt. Oder doch? Und wo genau ist denn dann der Anfang des Ganzen?
Sowas macht Hirnmatsch, stell ich grade fest.
Oder was wäre, wenn Werwölfe wirklich unter uns leben würden? Wie würde denn dann sichergestellt, dass die keiner bemerkt?
Was wäre, wenn tatsächlich irgendwo ein Unfall geschieht, der viele Menschen zu Mondaugen macht und dadurch am Ende den kompletten Fortschritt für eine ganze Weile lahmlegt, weil alles aus dem Ruder läuft?
Was wäre, wenn es Luzifer und seine Engel wirklich gäbe?
(Wer wissen will, was es damit auf sich hat - es sind alles meine Bücher und Genaueres könnte ihr auf den Seiten direkt unterm Header nachlesen. Ich würd mich ja freuen.)
Es sind manchmal ganz einfache Fragen, wie die mit den Mondaugen. Was wäre, wenn das passiert? Und daraus baut sich dann eine Idee auf, aus der ein Szenario wächst, mit dem man dann arbeiten kann. Passiert nur leider nicht immer. Ich kann nicht immer sagen, was wäre wenn...? Besonders bei den Feinheiten funktioniert das nicht mehr.

Also. Damit hätten wir jetzt geklärt, wie ich auf manche Ideen komme. Alles hätten wir immer noch nicht durch. Aber ich mach es mal kurz: Für den Rest kann ich gar nichts. Der kommt einfach. Irgendwann ist er da und ich freue mich, dass er endlich da ist und ich mit ihm machen kann. Ich kann nichts dafür. Ich wusste vielleicht, dass er da ist, aber wie er genau aussieht und was ich damit machen kann - keine Ahnung. Und ob ich irgendwann dahinterkomme, ist auch so eine Frage.

Also.
Woher nimmst du nun deine Ideen?

Wer mich das jetzt immer noch fragt, dem sei etwas gesagt (Und seid doch so lieb und haltet euch mal kurz die Ohren zu):

ICH WEISS ES NICHT!

3 Kommentare:

  1. Oh, das kenn ich. Und es ist einfach eine Frage, die man nicht beantworten kann. Sie sind einfach da. Über manche Ideen denke ich gar nicht nach, ich "brauche" sie gar nicht - und trotzdem 'hüpfen' sie einfach in meinen Kopf und sind da. Einfach so. Ohne dass ich sie brauche, weil ich gerade nach einer Idee suche oder sowas. Nein, einfach so.
    Ich glaube, auf diese Frage gibt es einfach keine Antwort, auch wenn das nur diejenigen verstehen, die selbst schreiben und immer und immer wieder diese Frage gestellt bekommen.

    lg Caro :)
    http://wint3rkind.blogspot.com/

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  2. Dass ich Tear nicht haben will, liegt einfach an den gigantischen Unterschieden im Charakterumgang.^^
    Ich kämpfe um jede Seite Handlung, während du mit ihnen, nun ja, jonglierst. Du hast immer mal wieder einzelne Passagen (manachmal auch ganze Charakter) die sich ein bisschen Sträuben, sich aber wieder gefügig machen lassen. Meine sträuben sich durchgängig, und wenn ich da dann noch wen wie Tear einbaue, kann ich das einfach schlichtweg vergessen. Dann gehe ich unter, und es entsteht ein Buch im Buch im Buch, und ich werde von meinen Ideen erschlagen. Also bleibe ich vorerst bei "leichteren" Charaktern. Und versuche mein bestes. Aber diese Frage, ja, ich habe sie hassen gelernt. Noch bevor ich angefangen habe zu schreiben.

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  3. In der Zeitung hab ich mal gelesen, dass bei kreativen Leuten eine Art Wahrnehmungsfilter defekt ist oder fehlt. Kreative Personen nehmen Reize demnach anders auf und verarbeiten sie auch unterschiedlich. Aber ob das jetzt wirklich die Erklärung liefert, woher genau man seine Ideen hat, bezweifle ich. Ich für meinen Teil glaube nicht, dass das woher so wichtig ist sondern eher, was man aus den Ideen anschliessend macht. Immerhin entwickelt sich eine Geschichte ja, es ist ein ziemlich langer Prozess bis zum fertigen Manuskript, wobei die ursprüngliche Idee immer wieder etwas verändert wird. Ich glaube, viele Nicht-Schreiber unterschätzen die ganze Arbeit hinter einem solchen Projekt und denken, sobald die erste Idee da ist, ist die Geschichte eigentlich schon erzählt.

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